Wie Google Betrugsanzeigen durchwinkt – und warum das ein echtes Problem ist

Wie Google Betrugsanzeigen durchwinkt – und warum das ein echtes Problem ist

In den letzten Monaten ist mir beim Surfen etwas extrem Negatives aufgefallen: Immer mehr Google-Anzeigen versprechen offensichtlichen Bullshit. „Investieren Sie 250 € und verdienen Sie 13.000 € in 21 Tagen“, heißt es da. Oder: „Dieses Schlupfloch macht Deutsche heimlich reich – Politiker wollten es vertuschen!“ Klingt wie Satire, ist aber bitterer Ernst – und direkt von Google ausgespielt, auf seriösen Seiten, im News-Feed oder in Werbenetzwerken. Oft mehrere solche Anzeigen in nur einem Nachrichtenstream, eine nach dem anderen und dabei keine einzige seriöse Werbeanzeige darunter.

Ich wollte es genauer wissen – und bin regelrecht in ein Rabbit Hole gefallen. Ich habe in vier Tagen bewusst 100 dieser Anzeigen gemeldet. Ergebnis: Google hat ganze 15 davon entfernt. Bei den restlichen 85 hieß es lapidar, sie würden nicht gegen die Werberichtlinien verstoßen. Ernsthaft?

Die Masche: Fake News mit System

Die Anzeigen funktionieren immer nach dem gleichen Muster: reißerische Überschrift, oft mit Promi-Foto (Lindner, Lauterbach, Scholz – einmal war sogar Joko Winterscheidt dran), kombiniert mit einer Behauptung, dass genau diese Person versehentlich ein „finanzielles Geheimnis“ ausgeplaudert hätte. Meist ist es angeblich eine Plattform, mit der man schnell reich werden kann – irgendwas mit Krypto, KI oder geheimen Investoren-Tricks. Klickt man drauf, landet man auf Seiten, die täuschend echt wie Spiegel Online oder die Tagesschau aussehen. Nur steht da kein echter Artikel, sondern eine plumpe Landingpage mit Fake-Kommentaren, Countdown-Timern und dem „Jetzt einsteigen“-Button.

Das Krasse: Diese Anzeigen laufen oft in komplett themenfremden Kategorien. Ich habe sie unter „Baugewerbe“, „Nachhaltigkeit“ oder sogar „Bildung“ gefunden. Wahrscheinlich in der Hoffnung, dass sie nicht sofort auffallen – oder damit sie günstiger ausgespielt werden.

Mein Selbstversuch: 100 Anzeigen, 4 Tage, viel Frust

Ich habe Screenshots gemacht, Links dokumentiert und die Anzeigen sauber über das Google Ads Meldeformular gemeldet. Keine automatisierte Massenmeldung, alles einzeln. Einige davon waren so dreist, dass ich dachte: Das kann Google unmöglich durchgehen lassen.

Doch genau das ist passiert. 15 Anzeigen wurden entfernt – okay. Aber bei 85 kam nach wenigen Stunden oder Tagen: „Nach Überprüfung verstößt die Anzeige nicht gegen unsere Richtlinien.“ Nochmal: Wir reden hier von eindeutig gefälschten Nachrichtenquellen, mit manipulierten Politiker-Zitaten und Versprechen, die jedem Verbraucherschutz den Angstschweiß auf die Stirn treiben würden.

Warum das ein echtes Problem ist

Google spielt diese Anzeigen nicht zufällig aus – sie verdienen daran. Und zwar sehr gut. Jede Klick-Kampagne, egal wie shady sie ist, bringt Kohle. Klar, Google hat Richtlinien. Aber was bringen Richtlinien, wenn sie nicht durchgesetzt werden?

Gerade weniger internetaffine Menschen – Rentner, gestresste Eltern, Menschen mit wenig Medienkompetenz – sind perfekte Opfer für solche Anzeigen. Es reicht ein Moment der Schwäche, ein falscher Klick, und schon ist das Konto leer oder man steckt in einem dubiosen „Investitionsmodell“, aus dem man nicht mehr rauskommt.

Die Verantwortung liegt bei denen, die die Infrastruktur stellen – und das ist in diesem Fall ganz klar Google. Wer Werbeanzeigen verkauft, muss auch dafür sorgen, dass sie legal, transparent und fair sind.

Was passieren müsste – und was du tun kannst

Ich wünsche mir, dass Google endlich ernst macht mit dem Kampf gegen Betrugsanzeigen. Die nötigen Mittel haben sie längst: Künstliche Intelligenz zur Erkennung manipulierter Inhalte? Haben sie. Manpower zur manuellen Prüfung auffälliger Anzeigen? Auch vorhanden. Es mangelt nicht an Technik oder Geld – es fehlt schlicht der Wille, systematisch gegen diese perfiden Maschen vorzugehen. Warum? Weil Google damit Geld verdient.

Und genau hier muss die Politik endlich aufwachen.

Es kann nicht sein, dass Konzerne wie Google Millionen mit Betrugsmaschen verdienen und gleichzeitig jede Verantwortung von sich weisen. Plattformen, die Werbung ausspielen, sind längst keine neutralen Mittelsmänner mehr – sie sind aktiv beteiligt. Sie kassieren pro Klick. Sie priorisieren Anzeigen nach Performance. Sie haben volle Kontrolle über die Inhalte, die sie ausliefern – also müssen sie auch voll verantwortlich gemacht werden, wenn diese Inhalte Betrug fördern oder Schaden anrichten.

Was wir brauchen, ist eine klare gesetzliche Grundlage, die Plattformbetreiber wie Google, Meta & Co. in die Pflicht nimmt:

Präventive Prüfungspflichten: Hochriskante Anzeigen, etwa mit Finanzversprechen oder unter Missbrauch prominenter Persönlichkeiten, müssen automatisch blockiert oder manuell geprüft werden – bevor sie ausgespielt werden.

Haftung bei Schäden: Wenn eine Plattform nachweislich eine betrügerische Anzeige ausliefert, obwohl diese gemeldet oder eindeutig erkennbar war, muss sie für entstandene Schäden haften. Wer mit Betrug Geld verdient, muss auch für dessen Folgen geradestehen.

Entschädigungsfonds für Betroffene: Menschen, die auf solche Maschen reinfallen, bleiben oft auf ihrem finanziellen Schaden sitzen. Warum nicht einen Fonds einführen – finanziert von den Plattformen selbst – der Opfer von Onlinebetrug entschädigt, wenn Plattformen versagen?

Transparenzpflichten und öffentliche Statistik: Wie viele Anzeigen werden täglich gemeldet? Wie viele davon entfernt? Wer steckt hinter diesen Anzeigen? Solche Daten müssen öffentlich gemacht werden – damit Plattformen nicht länger im Schatten operieren.

Der Digital Services Act (DSA) der EU geht in die richtige Richtung, aber seine Wirkung steht und fällt mit der Durchsetzung. Wenn Verstöße keine ernsten Konsequenzen haben, wird sich nichts ändern. Es braucht politischen Mut, klare Regeln, und notfalls auch drastische Strafen – sonst lachen sich

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